ReSy4

Die Anwendung der Rundungsleitlinie führt zur Beanstandung des Brennwerts

Ein Labor überprüft im Auftrag eines großen Handelshauses die Nährwertangaben eines Lieferanten und beanstandet, dass sich aus den deklarierten Nährwerten nicht der korrekte Brennwert errechnet.

Im konkreten Fall lauten die brennwertrelevanten Nährwertangaben:

Fett 13 g, Kohlenhydrate 1,1 g, Eiweiß 14 g, Brennwert 726 kJ

Eine Überprüfung des Brennwerts mit den Vorgaben der EU kommt zu einem Brennwert von 738 kJ. Das ist eine Abweichung von 12 kJ und der Kern der Beanstandung.

ReSy4 arbeitet entsprechend der Rundungsleitlinie von 2012. Das bedeutet, dass Nährwerte ≥ 10 g gerundet und ohne Nachkommastellen angegeben werden. Gerundet wird allerdings erst ganz zum Schluss der Berechnung. Davor liegen im konkreten Fall folgende Werte vor:

Fett 12,76 g, Kohlenhydrate 1,12 g, Eiweiß 13,84 g, Brennwert 726,44 kJ

Bei den vorliegenden Angaben könnte sich der Brennwert in folgenden Bereichen bewegen:

minimal – Fett 12,5 g, Kohlenhydrate 1,1 g, Eiweiß 13,5 g, Brennwert 710,7 kJ
maximal – Fett 13,4 g, Kohlenhydrate 1,1 g, Eiweiß 14,4 g, Brennwert 759,3 kJ

Das bedeutet, dass bei Anwendung der Rundungsleitlinie bei den vorliegenden Werten jeder Brennwert zwischen 711 kJ und 759 kJ möglich ist, eine Spanne von immerhin 48 kJ. Diese Spanne entspricht dem Brennwert von 1,3 g Fett. Bei Nährwerten ab 10 g beträgt die zulässsige Toleranz ± 20 %, im konkreten Fall wären das ± 2,6 g Fett gewesen, somit das doppelte der möglichen Spanne.

Zur Rundungsleitlinie ist noch anzumerken, dass der ALTS sie Juni 2016 auf seiner 77. Arbeitstagung im Top 11 für überflüssig und unverbindlich erklärt hat. Siehe hierzu: Toleranzen bei Nährwertangaben. Allerdings hat der Bayerische VGH im Mai 2018 festgestellt:

Von dem im Arbeitskreis ALTS gefassten Beschluss gehe keinerlei Rechtsqualität oder bindende Wirkung für die Vollzugsbehörden aus.

Vergleiche hierzu: Bayerischer Verwaltungsgerichtshof weist den ALTS in die Schranken.