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Irritationen zur Deklaration von Käse

Der ALTS beschließt: Lab gehört bei Käse ins Zutatenverzeichnis.

Auf der 79. Arbeitstagung des ALTS wurde im TOP 31 die Frage behandelt, ob es sich bei Lab in der Käseherstellung um einen Verarbeitungshilfsstoff oder um einen Zusatzstoff handelt. Der Fragesteller bezog sich dabei:

… auf Art. 20 lit. b Nr. ii der VO (EU) Nr. 1169/2011, wonach Lebensmittelenzyme, die als Verarbeitungshilfsstoffe verwendet werden, nicht im Zutatenverzeichnis aufgeführt zu werden brauchen.

Das Ergebnis der Diskussion zum TOP 31 lautet:

Beschluss
Bei Lab bzw. Labaustauschstoffen handelt es sich um Lebensmittelenzyme. Diese werden der Käsereimilch bei der Käseherstellung direkt zugesetzt und mit der Milch vermengt. Die erzielte Auswirkung auf das Enderzeugnis ist evident: Ohne Lab bzw. Labaustauschstoff wäre aus der flüssigen Milch kein fester Käse geworden. Lab bzw. Labaustauschstoff werden daher nicht wie ein Verarbeitungshilfsstoff, sondern wie ein Zusatzstoff verwendet. Damit sind Lab bzw. Labaustauschstoff nach Art. 18 der VO (EU) Nr. 1169/2011 im Zutatenverzeichnis anzugeben.

Quelle: 79. Arbeitstagung ALTS vom Juni 2017, TOP 31

Der ALTS bezieht sich bei diesem Beschluss auf die Artikel 18 und 20 der LMIV. Zwischen diesen beiden Artikeln liegt der Artikel 19, der folgendes beinhaltet:

Artikel 19
Ausnahme vom Erfordernis eines Zutatenverzeichnisses
(1) Ein Zutatenverzeichnis ist bei folgenden Lebensmitteln nicht erforderlich:

d) Käse, Butter, fermentierter Milch und Sahne, denen keine Zutat zugesetzt wurde außer für die Herstellung notwendige Milchinhaltsstoffe, Lebensmittelenzyme und Mikroorganismen-Kulturen oder für die Herstellung von Käse — ausgenommen Frisch- oder Schmelzkäse — notwendiges Salz;

Quelle: LMIV, Art. 19, Abs. 1, lit. d

Auf diesem Artikel beruht der Beitrag „Wie ist Käse zu deklarieren?“ .

Im Grunde verweist sowohl der ALTS Beschluss zu TOP 31 als auch die Regelung im Artikel 19 LMIV auf den gleichen Prozess bzw. Tatsachenbestand: man braucht Lab, um Käse herzustellen. Nur die Schlussfolgerungen widersprechen sich:

  • für die LMIV ist Käse ein homogenes Produkt mit einer immer gleichen und eindeutigen Zutatenliste und daher braucht es diese Zutatenliste nicht
  • für den ALTS ist Käse ein Produkt, zu dessen Herstellung eine Zutat verwendet wird, die wie ein Zusatzstoff eingesetzt wird und daher zu deklarieren ist.

Da stellen sich Fragen:

  • was ist der Unterschied zwischen einem Zusatzstoff und einer Zutat, die wie ein Zusatzstoff eingesetzt wird? In der EU VO 1333/2008, die alle zugelassenen Zusatzstoffe listet, ist Lab nicht enthalten und was nicht in dieser VO enthalten ist, ist als Zusatzstoff verboten
  • wenn Lab als Zusatzstoff anzugeben ist, müssen dann die anderen Zutaten auch angegeben werden? Braucht Käse jetzt trotz Artikel 19 LMIV ein vollständiges Zutatenverzeichnis?
  • warum hat der ALTS sich in seinem Beschluss nicht dazu geäußert, wie er den Artikel 19 LMIV in diesem Zusammenhang einordnet? Es kann doch nicht sein, dass der Artikel 19 übersehen wurde.
  • hat der ALTS als Bund-Länder-Sachverständigen-Gremium die Kompetenz, den Artikel 19 der LMIV aufzuheben?

Bleibt abzuwarten, wann in diesem Zusammenhang die ersten Beanstandungen kommen und in welcher Weise der Widerspruch dann aufgelöst wird.